Meine Linux-Distributionen
Ich verwende seit 2005 hauptsächlich Linux als Betriebssystem. Dabei habe ich schon Erfahrungen mit verschiedenen Distributionen sammeln können. Meistens hatte ich eine Hauptdistribution, die praktisch auf all meinen Rechnern installiert war. Dies ändert sich jetzt vielleicht. Doch der Reihe nach…
Mandrake: Wie alles begann
Meine ersten Erfahrungen mit Linux habe ich im Jahr 2004 gemacht. Alles begann damit, dass eMule (das damals wichtigste File-Sharing-Tool, das einen Stellenwert hatte, wie es heute BitTorrent hat) auf dem Windows-Rechner der Familie nicht mehr richtig funktionierte. Irgendetwas musste ich am Betriebssystem kaputt gemacht haben.
Eine mögliche Lösung wäre es gewesen, den Rechner neu mit Windows XP aufzusetzen. Das konnte ich aber nicht so einfach tun, da auch andere Familienmitglieder Dateien auf dem Rechner hatten. So musste ich immer um Erlaubnis bitten, wenn ich den Rechner neu aufsetzen wollte. Ausserdem dauerte es oft Tage, bis wieder alles funktionstüchtig war.
Da ich eine zweite Festplatte hatte, die ich sonst für nichts brauchte, wollte ich stattdessen einen Dual-Boot einrichten. So gab ich Mandrake Linux (heute Mandriva) eine Chance. Die Installation lief problemlos ab, und auch der Dual Boot mit Windows klappte auf Anhieb. Meine Familie konnte weiter standardmässig nach Windows booten.
Die KDE-Oberfläche war für mich einfach bedienbar. Da ich bereits auf Windows diverse OpenSource-Programme (OpenOffice.org, VLC Media Player, Firefox) verwendete, kam ich recht schnell mit dem Betriebssystem zurecht. eMule lief tatsächlich unter Mandrake. Das Problem war aber, wie ich die heruntergeladenen Dateien vom Rechner wegkopieren sollte.
Der USB-Stick (Kapazität: 128 MB), den ich an einem überbetrieblichen Kurs
(Computer zusammenbauen) erhalten hatte, wurde nicht automatisch erkannt. Und
das mit dem mount
-Befehl, was von der Google-Suche ausgespuckt worden war,
überforderte mich dann doch noch. Der Zugriff auf die Windows-Festplatte (NTFS)
funktionierte (out of the box) leider nur lesend. So werde ich mir wohl die
heruntergeladenen Dateien auf CDs gebrannt haben, denn die Brennsoftware
funktionierte problemlos.
Ansonsten verlor ich bald das Interesse an Mandrake und bootete nur noch nach Windows.
SuSE: Linux als neues Zuhause
Es muss wohl Ende 2004 oder Anfang 2005 gewesen sein, als ich mir zum ersten mal SuSE installierte. Wahrscheinlich war es Version 9.2 oder 9.3. Wieder installierte ich es auf der zweiten Festplatte neben Windows. Doch dieses mal sollte ich dabei bleiben.
Im Sommer 2005 wechselte ich nach zwei Jahren Lehrlingsaustausch bei der Data Unit AG in die Softwareentwicklung bei Bison Schweiz AG. Nach zwei eher Microsoft-geprägten Jahren sollte ich nun also ein Java-Entwickler werden. In der Schule arbeiteten wir mit C#. Doch unser Lehrer in den Programmierfächern, Roland Bucher, der beide Programmiersprachen kannte, war so flexibel, dass er uns die Wahl der Programmiersprache frei liess. So rückte ich ab von C# und beschäftigte mich bereits im zweiten Lehrjahr, also bevor ich den Arbeitsplatz wechselte, mit Java.
Es muss kurz vor diesem Wechsel gewesen sein, als ich auf Heise.de einen Artikel über die Zukunftsstrategie von Microsoft gelesen hatte. Dabei kündigte der damalige CEO Steve Ballmer an, dass Microsoft so etwas wie full spectrum dominance in der IT erreichen wollte. Das Forum zu dieser News-Meldung war damals voller ablehnender Beiträge. Microsoft wurde zu dieser Zeit vom unsympathischen Monopolisten zum absoluten Hassobjekt, und das nicht nur für mich. Für mich war klar, dass ich von Microsoft und damit von Windows weg musste.
Es kam dazu, dass ich die Dokumentation The Code gesehen hatte. Nun interessierte ich mich nicht nur für GNU/Linux als Betriebssystem, sondern für die Freie-Software-Bewegung als Ganzes. Für mich war eine neue Welt aufgegangen. Leute wie Richard Stallman, Linus Torvalds und Alan Cox waren meine neuen Idole.
Im Herbst 2005 hatten wir in der Lehre unsere Zwischenprüfungen (pardon: Teilabschlussprüfungen). Hierfür habe ich mit einer Gruppe von fünf Klassenkameraden einige Zusammenfassungen geschrieben. Diese sind immer noch in einem Archiv auf GitHub zu finden. Wir nannten uns damals «Team Eichhof». (Das würde ich heute auch nicht mehr machen…) All diese Dokumente wurden in OpenOffice.org geschrieben. Ich war der einzige von uns sechs, der das verwendete. Ich weiss nicht einmal mehr genau, wie ich die Beiträge meiner Kollegen eingebunden hatte. Wahrscheinlich habe ich sie aus den Word-Dokumenten der Kameraden rauskopiert.
Die meiste Zeit war ich nun auf Linux unterwegs, wobei ich diese Zusammenfassungen natürlich auch unter Windows hätte bearbeiten können. Wichtig war, dass mein jeweils aktuelles Arbeitsverzeichnis nun auf der Linux-Festplatte lag. Beim Dual Boot wählte ich nun immer seltener Windows aus.
Sollten die Zwischenprüfungen problemlos ablaufen, und sollte ich alles bestehen, wollte ich mir meinen ersten eigenen Computer zur Belohnung kaufen. Natürlich würde ich mir den selber zusammenbauen, und bloss die Komponenten dazu kaufen. Wichtig war, dass die Komponenten alle gut von Linux unterstützt wurden. Das war damals beispielsweise bei WiFi-Karten gar nicht selbstverständlich. Und da der Computer in meinem Zimmer stehen sollte, war ein Ethernet-Kabel leider keine Option.
Ein Berufsschulkollege, der schon seit frühem Jugendalter mit Linux arbeitete, und auch bereits seine eigene Firma hatte, war hierfür ein guter Ansprechpartner. Ich bestellte die Hardware bei ihm. (Die Prüfungen waren übrigens sehr gut gelaufen.) Ich staunte sehr, dass er mir die Komponenten mit seinem eigenen Firmenauto lieferte.
Den Computer hatte ich bald zusammengebaut. Doch leider liess sich SuSE Linux darauf nicht installieren ‒ oder zumindest funktionierte das WiFi nicht, so genau kann ich mich nicht mehr darain erinnern. Auf jeden Fall gab es ein Problem mit SuSE. So habe ich einen Plan B gebraucht.
Ubuntu: Ein gelungener Umstieg
Zu dieser Zeit wurde gerade Ubuntu einigermassen populär. Ich war zwar auf SuSE ein begeisterter KDE-Benutzer und hätte darum auch zu Kubuntu wechseln können. Ich wollte aber doch lieber das «Original» einmal ausprobieren.
Ubuntu liess sich problemlos installieren. Ich weiss nicht mehr, ob es Breezy Badger (5.10, am 12. Oktober 2005 erschienen) oder die Vorgängerversion Hoary Hedgehog (5.04, am 8. April 2005 erschienen) war. Auf jeden Fall funktionierte alles auf Anhieb, auch das WiFi.
An GNOME gewöhnte ich mich sehr schnell. Es war übersichtlicher und eleganter als KDE. Es funktionierte alles so, wie es musste. Aus dieser Zeit ist mir ansonsten eher wenig geblieben.
Ab und zu musste ich wohl auch noch am Windows-Rechner arbeiten, denn in der Berufsschule wurde immer noch der Microsoft-Stack unterrichtet. Microsoft SQL Server habe ich mit Sicherheit einmal verwenden müssen. Geblieben ist mir davon wenig. Die gleichen Übungen hätte man auch mit MySQL oder PostgreSQL machen können.
2006 kaufte ich mir dann sogar einen eigenen Laptop. Der Lehrlingslohn war ja mit dem dritten Lehrjahr bedeutend angestiegen. Das HP-Notebook hatte einen verspiegelten Bildschirm. (Diesen Fehler würde ich heute nicht mehr machen.) Doch Ubuntu lief darauf problemlos. Ich konnte den Laptop auch in die Schule mitbringen und darauf arbeiten. Aber ans Netzwerk durfte ich ihn nicht anschliessen, aus Sicherheitsgründen, versteht sich. Eine externe USB-Festplatte diente zum Dateiaustausch.
So bin ich bis zum Lehrabschluss bei Ubuntu geblieben. Für die Lehrabschlussprüfungen haben wir wieder in der gleichen Gruppe wie zwei Jahre zuvor Zusammenfassungen geschrieben. Dieses mal nicht mehr als «Team Eichhof», aber wiederum mit OpenOffice.org. Die Zusammenfassung für die Allgemeinbildung hatte ich selbständig mit LaTeX verfasst. (Diese war Jahre später noch einem Lehrling hilfreich, sodass sich dieser per E-Mail bei mir bedankte.)
Debian: Ubuntu für Arrivierte
2009 kaufte ich mir gleich zwei Computer. Einerseits einen Dell OptiPlex als Computer für mein Zimmer, und andererseits ein Lenovo Thinkpad (mit grosszügigem Studentenrabatt) für mein Informatik-Studium.
Ich weiss nicht mehr, ob Ubuntu auf einem der beiden Rechnern nicht funktionierte. Auf jeden Fall stieg ich in dieser Zeit auf Debian um, das den Ruf hatte, schwer installierbar zu sein. Tatsächlich waren es einfach ein paar Klicks mehr im Setup-Menü als bei Ubuntu.
Auf meinem Laptop hatte ich einen Dual Boot eingerichtet, da ich ja im Informatikstudium weiterhin würde Windows verwenden müssen. (Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert.)
Von Ubuntu her waren mir viele Konzepte für Debian schon bekannt, zumal ja
Ubuntu auf Debian basiert. Den Paketmanger apt-get
verwendete ich auch über
die Kommandozeile, und kaum noch über ein grafisches Tool, dessen Name mir
entfallen ist.
Ich arbeitete nun schon seit etwa fünf Jahren mit Linux, war aber nur ein Anwender, und keinesfalls ein Profi. Wenn ich etwas auf der Kommandozeile machen musste, dann kopierte ich mir diese Befehle von einer Webseite, und hoffte, dass sie funktionieren würden. Ich war auch weiterhin in der alten Windows-Routine verhaftet, dass ich das Betriebssystem komplett neu installierte, wenn etwas grundsätzliches nicht mehr funktionierte. Verstanden habe ich vom System sehr wenig.
Zu dieser Zeit verlor ich auch die Lust an der Informatik. Der Grund dafür dürfte eine Kombination aus meiner Situation in Beruf und Hochschule gewesen sein, wobei auch der Mangel an Freizeit über mehrere Jahre (Berufsmatura, Studium) mit Lektionen am Samstag, an den Abenden und Lernen am Wochenende auch eine Rolle gespielt haben dürfte.
Ich entschloss mich dazu, mein Informatikstudium abzubrechen (bzw. offiziell bloss zu unterbrechen), und die Matura nachzuholen. Ich wollte lieber Geistes- und Sprachwissenschaften studieren, als mich noch länger mit der Informatik zu beschäftigen. Zunächst wollte ich aber mein Französisch aufbessern und ging im Sommer 2010 für einige Wochen nach Paris.
Auf diese Zeit geht auch meine Aversion gegen Bloatware zurück. Ein Schlüsselerlebnis dürften für mich die Vorträge von meillo beim Chaos Computer Club Ulm gewesen sein. Schliesslich war es der Window Manager dwm, der mich nachhaltig auf einen anderen Pfad bringen sollte: Weg vom GUI, hin zur Kommandozeile!
Zunächst verwendete ich weiterhin den GNOME-Login-Bildschirm. Ich schaffte es,
dwm
als zweite Option (neben dem GNOME-Desktop) zu konfigurieren. So konnte
ich notfalls immer noch auf GNOME ausweichen. Meine grafische Oberfläche war
aber nun dwm
. Dies hat sich bis heute nicht geändert.
Ich verwendete dieses Setup einige Jahre lang auf meinem Laptop und meinem Heimrechner. Nun machte ich auch Fortschritte auf der Kommandozeile. Ich verwendete aber immer noch grösstenteils die Konfigurationstools des Systems. Für die Netzwerkverbindung war beispielsweise WICD im Einsatz.
In der Zwischenzeit war in meinem Leben einiges passiert: Ich absolvierte die Passerelle, hatte ein einjähriges Gastspiel in Fribourg, wo ich Slavistik und Germanistik studierte ‒ und kehrte 2012 dann doch wieder in die Informatik zurück. Meine Lust am Programmieren hatte ich wohl wiederentdeckt.
In diesen Jahren hatte ich mir auch ein Netbook angeschafft: eine Gattung
Geräte, die von den Tablets verdrängt worden sind. Es muss auf diesem Netbook
gewesen sein, wo ich zum ersten mal ein Betriebssystem ohne GUI installiert
habe. Seither startete ich dwm
direkt von der Kommandozeile, einen
Login-Screen hatte ich nicht mehr. Diese Installation dokumentierte ich in einem
Artikel namens Lean Debian.
Arch: Das vorläufige Ende einer Reise
2016 entschied ich mich dazu, mein Informatik-Studium an der Hochschule Luzern wieder aufzunehmen und also doch noch zu beenden. Im Sommer hatte ich eine Aktion entdeckt: einen ultraschwachen Acer-Laptop für 199 Franken mit 32 GB internem Speicher, der dafür aber extrem leicht und energieeffizient war: der ideale Laptop fürs Studium!
Die Debian-Installation scheiterte dabei leider. Ich stand wieder vor dem gleichen Problem, das mich schon früher hat die Distribution wechseln lassen. Doch mit Debian war ich doch so zufrieden…
Ich probierte verschiedenste Distributionen aus. Einige davon basierten auf Arch Linux. Damit funktionierte alles auf Anhieb, ich hatte aber immer die grafische Benutzeroberfläche dabei. So wagte ich mich an die manuelle Installation des «richtigen» Arch Linux heran, wofür ich seither eine personalisierte Dokumentation führe.
Die ganze Sache lief doch recht problemlos ab, sodass ich Arch gleich noch auf
meinem «richtigen» Laptop installierte. (Ich wollte damals diesen Laptop für
Windows brauchen, war aber jetzt zu begeistert von Arch.) Dabei musste ich wohl
vergessen haben, das Mounten der /boot
-Partition in /etc/fstab
festzuhalten,
sodass sich der Laptop nach dem nächsten Kernel-Update nicht mehr aufstarten
liess.
Ich verfluchte Linux wie kaum jemals zuvor ‒ und wie seither niemals wieder.
Denn der Fehler war ganz klar auf meiner Seite. Endlich lernte ich etwas übers
System. Das Problem löste ich nicht durch eine komplette Neuinstallation,
sondern indem ich das System mit dem USB-Stick startete und das Mounten der
/boot
-Partition korrekt konfigurierte. Für mich war das ein Meilenstein.
Im Studium habe ich mich dann weitgehendst an Linux gehalten. Ausnahmen waren Prüfungen mit dem Safe Exam Browser, der eben nur unter Windows und macOS das System komplett blockieren konnte. In den Modulen C# in Action und Microcontroller stand auch gezwungenermassen Windows-Einsatz auf dem Programm, sodass es kaum ein Zufall ist, dass ich diese beiden Module abgebrochen habe.
In der Zwischenzeit arbeitete ich in einer Firma mit macOS. Auf meiner neuen Stelle kann ich komplett mit Linux arbeiten. Neben Arch Linux auf dem Laptop kommt auf den Servern Ubuntu zum Einsatz.
Ausprobiert: Alpine Linux, OpenBSD, FreeBSD
Wenn ich mit Docker-Containern arbeite, ist oft das schlanke Alpine Linux meine Wahl für das Base-Image. Auf einem Heimrechner oder auf einem Laptop habe ich es bisher noch nicht ernsthaft verwendet. Das dürfte wohl mit der etwas älteren Kernel-Version zusammenhängen. Auch auf Servern verwende ich es nicht, da es von vielen Cloud-Anbietern nicht angeboten wird. Dort verwende ich Debian ‒ oder Ubuntu, wenn ich auf neuere Packages angewiesen bin. (Lokal kann man schon einmal Debian Testing verwenden, das läuft dermassen stabil.)
Weiter habe ich dieses Jahr einige kleinere Ausflüge in die BSD-Welt unternommen. OpenBSD scheint mir wie geschaffen zu sein für meine Ansprüche: alles ist minimal, standardmässig sinnvoll konfiguriert und sicher. FreeBSD ist mir in der Firma begegnet, wo ein Backup-Server (mit ZFS als Dateisystem) damit läuft.
Für meinen privaten Einsatz konnte sich aber noch keines der beiden Systeme gegen Arch durchsetzen. Gerade bei Laptops läuft Linux mittlerweile so gut, dass die BSDs eher ein Rückschritt in vielerlei Hinsicht wäre.
Seit einigen Monaten betreibe ich einen kleinen Server in der Cloud auf Debian. Hier wäre vielleicht OpenBSD eine sinnvolle Alternative, die ich gelegentlich prüfen sollte. Überhaupt möchte ich mich gelegentlich stärker mit den BSDs befassen als mit Linux.
Für die «Hardcore»-Distributionen wie Gentoo und Linux from Scratch konnte ich mich bisher noch nicht begeistern. Es wären wohl beides gewinnbringende Übungen.
Im Moment stehen für mich aber andere Themen an, z.B. die funktionale Programmierung. So bleibe ich vorerst bei Arch Linux, und lasse mich von der Zukunft überraschen… OpenBSD und FreeBSD laufen mir ja nicht weg.