Jahresrückblick 2023
Was alles passiert ist.
Ende 2021 aus Frustration angefangen und mit Freude abgeschlossen, habe ich auch für 2022 einen Jahresrückblick geschrieben ‒ und diesen sogleich mit einem Ausblick auf 2023 kombiniert.
Ausblick im Rückblick
Womit wollte ich mich ursprünglich befassen? Beruflich einerseits mit Containern; genauer mit Container-Registries, mit Podman und mit Kubernetes. Andererseits mit Python; genauer mit Packaging und asyncio.
Privat war ich noch täglich fleissig an SICP und wollte das auch fortführen. Weiter nahm ich mir Elixir mit Phoenix, Rust, Perl, Clojure, Elm, Svelte, Racket und Erlang vor. OpenBSD und FreeBSD wollte ich aussen vor lassen und mich auf Linux konzentrieren; hier v.a. auf systemd, Netzwerke, nftables. Weiter nahm ich mir die Beschäftigung mit «Cloud-Themen» (z.B. Datenschutz) vor.
Was ist daraus geworden? Mit Podman habe ich mich in der Firma befasst, wobei das Projekt ins Leere gelaufen ist. Das war es dann auch mit Containern für das Jahr 2023. Im Moment reizt mich nichts an diesem Thema. Länger als erhofft habe ich mich mit Barman zur Sicherung von PostgreSQL-Datenbanken auseinandergesetzt. Das war zwar lehrreich, aber auch frustrierend.
Bei Python habe ich mich kurz in asyncio eingelesen und mich dann gefragt, was mir das überhaupt bringen soll, wenn doch andere Sprachen über viel mächtigere Concurrency-Modelle verfügen. Mit Packaging habe ich mich kaum befasst.
Bei den Programmiersprachen habe ich mich (wie vorgenommen) mit Clojure, Elm, Erlang, Rust und Elixir befasst ‒ hierzu gleich mehr. Phoenix, Perl, Svelte und Racket blieben auf der Strecke. Phoenix ist aufgeschoben aber nicht aufgehoben, Perl schaue ich gelegentlich “wegen lustig” an ‒ aber an Svelte habe ich keine Sekunde mehr gedacht.
Mit Linux habe ich mich im Rahmen der LPIC-1-Zertifizierung befasst. Hier steht der Austausch mit meinen Lehrerkollegen im Vordergrund und weniger der Wissenserwerb. Was die Cloud betrifft, habe ich mich ins Thema DSGVO im Kontext von Cloud Computing eingelesen. OpenBSD und FreeBSD sind wie geplant auf der Strecke geblieben; den Backup-Server habe ich aber immerhin wieder in Betrieb genommen.
Doch womit habe ich mich wirklich befasst?
Berufliche Veränderungen
Es war im Dezember 2022 als die Idee aufkam, für einen Bekannten aus einer früheren Anstellung Software zu entwickeln. Die Bedingung dafür war, dass wir hierzu eine Firma gründen. Dies ging dann zu dritt bis Februar über die Bühne. Ab April mieteten wir ein sehr preiswertes Büro an bester Lage, worauf der offizielle Auftrag zur Entwicklug einer rollenbasierten Zugangskontrolle für die Arbeitsplanungssoftware des Auftraggebers folgte.
Das Backend ist in Ruby on Rails geschrieben, worin ich mich möglichst effizient einarbeiten musste. So wurde Ruby zu meiner Brotsprache, zumal ich meine andere Stelle auf den Sommer kündigte: Ich bemerkte schnell, dass ein Tag pro Woche nicht genügt, um das Projekt erfolgreich zu Ende zu führen. (Ab dem neuen Schuljahr hätte dann auch dieser freie Tag noch gefehlt, und der Samstag war ja ohnehin schon durch die Lehrerausbildung besetzt.) So habe ich meine bisher beste Stelle nach dreieinhalb Jahren aufgegeben. Bereut habe ich es nicht, auch wenn ich finanziell nun auf meine Reserven zurückgreifen muss.
In der Schule wurde ich im Sommer angefragt, ob ich noch für ein Modul zum Thema Software Testing einspringen könnte. Das Thema erschien mir bei näherer Betrachtung recht interessant, und ich steckte einige Zeit in die Vorbereitung der Unterlagen. Die Beispiele hierzu habe ich gemäss Abmachung mit dem neu eingestiegenen Lehrerkollegen, der die andere Hälfte des Moduls übernahm, in C# gemacht. Dabei habe ich mich auf eine ziemlich radikale strukturierte Untermenge von C# konzentriert und darum wenig neues über C# gelernt.
Das Cloud-Modul, das mir letztes Jahr schon eine schlechte Laune und noch mehr graue Haare bereitete, habe ich dieses Jahr etwas angepasst, indem ich nun verschiedene Programme anbiete: Erstens das praktisch gleiche Programm wie letztes Jahr, zweitens die Inbetriebnahme von Nextcloud als Alternativprogramm und drittens ein Projekt nach Wahl für diejenigen, denen die beiden geführten Programme wenig zusagen. Der erste Teil des Moduls (Definition des Cloud-Begriffs, Redis, S3/Minio sowie ein neuer Teil über die DSGVO im Kontext des Cloud Computings) ist für alle Klassen der gleiche. Im zweiten Teil wird dann entweder mit Go ein kleines Monitoring-System angepasst, Nextcloud aufgesetzt oder eben ein Projekt nach Wahl umgesetzt.
V.a. die Beschäftigung mit dem zweiten Programm (Nextcloud in Betrieb nehmen) hat mich recht motiviert: So habe ich mich etwas genauer mit systemd und dem LAMP-Stack befasst. Das Programm scheint mir bei Plattformentwicklern einigermassen anzukommen, sowie das erste Programm bei Applikationsentwicklern erneut gut zu funktionieren scheint. Beide Programme sind je von zwei Klassen gewählt worden. Das dritte Programm (eigenes Projekt) wurde ebenfalls von zwei Klassen gewählt. Ob ich dieses im nächsten Jahr erneut anbieten will, werde ich entscheiden, nachdem ich die ganzen Projekte gesehen habe. Hier macht es die Vielfalt der Projekte schwer, inhaltlich Unterstützung bieten zu können.
Privates Mäandrieren
Zu Beginn des Jahres habe ich mich kurz mit Elm befasst. Ich merkte jedoch schnell, dass ich zunächst eine andere ML-artige Sprache wie OCaml oder Haskell lernen sollte, damit ich damit ich mich bei der Beschäftigung mit Elm auf das Web konzentrieren kann und nicht mit dem Typsystem ringen muss. (Eine solche Sprache lernt sich einfacher auf der REPL als in einer Web-Umgebung.)
Kurz verfolgte ich die Idee von Stock Programs: Eine Reihe von Programmen, die ich in jeder neuen Programmiersprache schreiben möchte, die ich lerne. Geeignete Programme waren schnell gefunden. Systematisch damit beschäftigt habe ich mich jedoch dann nicht mehr. Immerhin habe ich die Ideen im Repository stock-programs festgehalten. Beim Erlernen der nächsten Programmiersprache könnte ich noch detailliertere Aufgabenstellungen und erste Beispielprogramme nachliefern.
Im Frühling habe ich mich erneut an Rust herangewagt. Ich habe darin u.a. meine Ligatabellenberechnung nachimplementiert. Mit Rust sollte ich mich dann im Sommer noch einmal befassen, dazu gleich mehr…
Eine lustige Bastelei ist auch das Soundboard, womit ich meinem Umfeld und auch meinen Schülern bei passender Gelegenheit auf die Nerven gehe.
SICP musste ich Mitte März gegen Ende des dritten Kapitels aufgeben, da ich Zeit für Ruby on Rails benötigte. Nach einem kurzen Aufflackern im Juli liess ich SICP dann liegen und habe mich erneut mit Clojure befasst. Die Zeit mit Scheme hat sich durchaus gelohnt, zumal ich mich in Clojure nun richtig schnell heimisch fühlte.
In den Sommerferien, wo ich im Hotelzimmer etwa eine Stunde täglich Clojure programmierte, hatte ich auf einer Wanderung den Einfall, mich einmal mit Algorithmen zu befassen, indem ich ein Lehrbuch zum Thema durcharbeite und die Algorithmen in vier Sprachen umsetze: Go, Rust, Erlang und Clojure. Das Unterfangen habe ich im Artikel Learning Algorithms beschrieben. Ich liess das Projekt doch recht schnell wieder fallen, was zwei Gründe hatte:
- Das Buch Algorithms war die falsche Wahl für mein Unterfangen, zumal es sich sehr stark auf die Methodik fokussiert und erst viel später wieder auf konkrete Algorithmen.
- Ich bemerkte den ungeheuren Nutzen von Pattern Matching. Der Erlang-Code war extrem konzis und gut nachvollziehbar.
Die zweite Erkenntnis war dann sogleich das Ende von meiner Beschäftigung mit Clojure. Zwar ist die Sprache meiner Meinung nach eine der schönsten überhaupt (gerade wegen der eingebauten Datenstrukturen List, Vector, Map und Set), aber ein mächtiges Pattern Matching hat sie leider nicht.
So beschäftigte ich mich zuerst etwas mit Haskell und dann wieder mit Elixir, die beide über Pattern Matching verfügen. Bei Haskell bin ich im Herbst steckengeblieben, zumal ich neben der Arbeit für die eigene Firma und dem Unterrichten kaum Zeit dafür fand. Elixir hingegen wurde mein «Morgenthema»: Hiermit beschäftigte ich mich ab Oktober eine halbe Stunde pro Tag, was immerhin zu einem grösseren Concurrency-Beispiel (factorizer) und einem ausführlichen Artikel dazu führte.
Ab Ende November war die erste halbe Stunde des Tages dann für den
Adventskalender 2023 des
Debianforums reserviert, wofür ich dieses Jahr ganze acht Türchen in Beschlag
nahm. Die Inhalte waren grösstenteils eine Jahresresteverwertung, kamen aber
sehr gut beim Publikum an. Damit ich nicht wieder manuell BBCode eintippen
musste, habe ich mich noch kurz mit Lua befasst, um einen pandoc
-Filter zu
schreiben. Das
Ergebnis ist
durchaus zweckmässig und erspart mir eine Menge lästiger Handarbeit.
Für den Adventskalender beschäftigte ich mich wieder einmal mit C und Prolog. Ersteres für ein Beispiel mit Shared Libraries, worauf mich eine Lektion der LPIC-Schulung gebracht hat. Ausserdem implementierte ich eine Primzahlfaktorisierung in C, die ich dann testhalber auch per CGI in Apache eingebunden hatte. Mit Prolog löste ich ein sogenanntes Logical: Ein Logikrätsel, das ich als Anschauungsbeispiel für den Adventskalender verwendete. (Eine Unzulänglichkeit in der Logik und beim Testen führte dann zur wohl ausgedehntesten Diskussion im diesjährigen Adventskalender überhaupt.)
Ich schrieb sogar noch einige Zeilen PHP um den LAMP-Stack zu testen. Ich setzte
die Primzahlfaktorisierung in PHP um, womit ich für den Adventskalender
mod_php
mit PHP-FPM verglich. Dabei kam die Frage aus, ob es performancemässig
einen signifikanten Unterschied zwischen diesen beiden Ausführungsmodi gäbe. Ich
versuchte die Frage mit einem kleinen Go-Programm namens
request0r zu beantworten, womit
ich wieder einmal etwas Concurrency in Go anwenden konnte.
Was die funktionale Programmierung angeht, so fühle ich mich nun bereit für den
produktiven Einsatz. Bei Programmiersprachen, welche die Transformationen
filter
, map
und reduce
in ihrer Collection-API anbieten, finde ich mich
nun auf Anhieb zurecht.
Hobbies
Nach dem Wegzug aus dem Einfamilienhaus vor über zehn Jahren musste ich zwei Hobbies aufgeben: Das Schlagzeugspielen und das Rudern auf dem Ergometer. Schlagzeug und Ruderergometer musste ich aus Platzgründen verkaufen.
Im Januar habe ich mir nun wieder ein Ruderergometer gekauft ‒ und mein Training auf den Sommer hin intensiviert: Über drei Wochen lang habe ich jeden Tag eine Stunde auf höchstem Widerstand gerudert, ohne dass ich dabei in irgend einer Weise Schmerzen verspürte. Mein Körpergewicht konnte ich reduzieren und mein allgemeines Wohlergehen steigern: Ich leide wesentlich seltener unter Spannungskopfschmerzen als früher. In den letzten Wochen bin ich dann aus zeitlichen Gründen nur noch selten zum Rudern gekommen. Das soll sich aber nach den Festtagen wieder ändern!
Im Spätsommer setzte ich mir das Ziel, in einer Stunde auf höchstem Widerstand 14 Kilometer zurücklegen zu können. Ich übertraf das Ziel bereits im November; mein Rekord liegt bei etwas über 14.3 Kilometer. Für nächstes Jahr möchte ich die 15-Kilometer-Marke anpeilen.
Im Herbst hatte ich dann die Idee mir ein E-Drum zu kaufen, zumal ich im Büro dafür Platz habe. Nach mehrwöchigem Überlegen und Vergleichen habe ich mich dann dazu entschieden und habe mein einst liebstes Hobby im Oktober wieder aufnehmen können. Hierzu habe ich mir das Roland TD-27K mit Hardware von DW gekauft, u.a. ein DW-5000-Base-Drum-Pedal, das ich früher schon hatte.
Nach fast 12 Jahren Abstinenz und nach nur wenigen Wochen unregelmässigem Üben konnte ich praktisch wieder alles spielen, was ich früher einmal konnte. Nur an Ausdauer, Tempo und Timing muss ich noch etwas arbeiten. Das wichtigste ist mir aber die Freude beim Spielen als Ausgleich zur Computerarbeit.
Das Lesen und das Spazieren kamen hingegen etwas zu kurz dieses Jahr. Das sollte ich auf nächstes Jahr etwas höher priorisieren. Immerhin bin ich von den News abstitent geblieben, was mir viel Zeit und noch mehr Aufregung gespart hat. Der in Leder gebundene Incerto von Nassim Taleb, den ich letztes Jahr bestellte und nun endlich erhalten habe, dürfte mich zum Wiederlesen der vier Bände zum Jahresanfang motivieren.